Aurélien Bouché-Pillon – überlebt dank mentalem Training und Olivenöl das eiskalte Wasser der Great Lakes

„Mitten im Schneesturm ganz alleine im Lineup sitzen, ist für mich fast schon eine spirituelle Erfahrung. Ich bin dann eins mit der Natur und fühle mich als Teil eines großen Ganzen. So war es auch an diesem Februartag vor einem Jahr. Ein kräftiger Sturm hatte cleane Wellen auf dem Ontario-See nahe der kanadischen Grenze produziert und außer mir war mal wieder niemand im Wasser. Was bei diesen Temperaturen aber auch kein Wunder war: Das Wasser hatte gerade einmal null Grad, und die Luft war durch den starken Wind auf minus 25 Grad abgekühlt. Bei solchen Sessions ist meist nach zwei Stunden Schluss. Sobald man merkt, dass die Kraft in Armen und Beinen und Armen schwindet, sollte man raus aus dem Wasser. Als nächstes kommen nämlich dann die Krämpfe, und wenn man so wie ich meistens mutterseelenallein surft, kann das schnell lebensgefährlich werden.

Um nach einer Session das Eis vom Anzug zu schmelzen, hat Aurélien Bouche-Pillon immer einen Thermobeutel mit warmem Wasser dabei.
Um nach einer Session das Eis vom Anzug zu schmelzen, hat Aurélien Bouché-Pillon immer einen Thermobeutel mit warmem Wasser dabei.

Um bei diesen extremen Bedingungen überhaupt so lange im eiskalten Wasser zu überleben, trage ich einen 6.5 mm Hyperflex Voodoo Wetsuit, 7 mm Booties und Handschuhe, eine Skimaske und zwei Neoprenhauben übereinander. Mein Geheimtipp: Sich das Gesicht mit Vaseline oder Olivenöl einzuschmieren, das schützt zusätzlich vor der Kälte.

Mein Geheimtipp: Sich das Gesicht mit Vaseline oder Olivenöl einzuschmieren.

Aber eigentlich beginnt meine Vorbereitung schon Tage vorher. Ich verzichte dann auf Kaffee (der entzieht dem Körper Wasser, was zu Krämpfen führt), trinke viel warmes Wasser mit Zitrone und esse jede Menge Kohlenhydrate, Eier Bananen und Nüsse, um mich mit zusätzlicher Energie zu versorgen. Um mich an die Kälte zu gewöhnen, gehe ich viel draußen spazieren und versuche, mich mental auf die Session vorzubereiten. Dabei stelle ich mir immer wieder vor, wie ich surfe und Spaß dabei habe. Denn nach unzähligen Sessions in Schneestürmen, bei Eisregen und dichtem Nebel habe ich eines gelernt: Nicht dein Körper zieht die Grenze, sondern dein Kopf.“

Aurélien Bouché-Pillon, der Franzose aus Biarritz lebt und surft seit mehr als zehn Jahren an den Great Lakes in den USA

Aurélien Bouche-Pillon etwa 3000 Kilometer weit entfernt vom nächsten Ozean. Trifft ein kräftiger Wintersturm auf die Great Lakes, geht der Franzose auf Wellensuche und wird meistens auch fündig.
Aurélien Bouche-Pillon etwa 3000 Kilometer weit entfernt vom nächsten Ozean. Trifft ein kräftiger Wintersturm auf die Great Lakes, geht der Franzose auf Wellensuche und wird meistens auch fündig. Foto: Lucas Murnaghan

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