Wie viele Tage in der Woche kommst du zum Surfen?

In der Regel alle sieben. Flat ist es fast nie. Notfalls schnappt man sich bei auflaufendem Wasser ein Longboard, und dann geht immer was! In der Nebensaison gibt es aber immer ein bis zwei gräßere Tage pro Woche und alle zwei bis drei Wochen einen fetten Swell. In der Hauptsaison im Sommer pumpt es jeden Tag durch. Der Wind ist eigentlich auch nie ein Problem, und so kann man praktisch jeden Tag surfen. Ach ja, die Wassertemperatur beträgt konstant 28 Grad.

Welche Eigenschaften sind für deinen Job unerlässlich?

Sehr, sehr viel Geduld! Ein Tag in Europa ist wie eine Woche oder mehr in Afrika. Die Mühlen mahlen dort einfach extrem langsam. Des weiteren erschweren die üblichen Probleme wie Korruption, Krankheiten, Armut, Verständigungsprobleme usw. das Vorankommen. Man muss auch viel verkraften können: Armut, Hunger, Leid, Kinderarbeit, Menschen, die im Bürgerkrieg Körperteile oder ihren Verstand verloren haben, fürchterliche Zustände in den Slums, Ausbeutung… Aber dafür erlebt man die traumhaftesten Strände der Welt, die nettesten Menschen, die man sich vorstellen kann, die schönsten Regenwälder und perfekte Wellen, die zuvor noch niemand gesurft ist.

Stefan zeigt beim Lifeguard-Training, wie man einen bewusstlosen Schwimmer mit dem Surfboard rettet.
Stefan zeigt beim Lifeguard-Training, wie man einen bewusstlosen Schwimmer mit dem Surfboard rettet.

Was hat sich durch dich vor Ort geändert?

Leider ertrinken sehr viele Menschen an Sierra Leones Küsten, da eigentlich so gut wie niemand schwimmen kann. An den Wochenenden kommen aber viele Einheimische aus der Hauptstadt Freetown zum Bureh Beach, um zu baden und zu feiern. Viele gehen dann an wellenlosen und vermeintlich ruhigen Stellen ins Wasser und werden oft von Strömungen erfasst. Wenn jemand nicht schwimmen kann, wird so eine Situation schnell lebensbe- drohlich. Ich habe recht bald einen Rettungsschwimmerkurs für die Surfer gegeben und die haben inzwischen schon zahlreiche Leben gerettet. Außerdem hat sich der überwachte Strand inzwischen herumgesprochen, was das Ansehen der Jungs in der Gesellschaft stark verbessert hat. Seit letztem Jahr gibt es auch die Sierra Leone Surfing Association, und vor ein paar Wochen erst habe ich vor Ort die ersten ISA-zertizierten Surflehrer in Westafrika ausgebildet. So können in Zukunft hoffentlich einige Locals ihren Lebensunterhalt mit Surfen verdienen.

Ist Sierra Leone ein Urlaubsort?

Das Hauptproblem für Reisende ist die medizinische Versorgung und vor allem Malaria. Die Verpflegung und Hygiene sind eigentlich gut, solange man gewisse Regeln einhält und etwas Grundwissen mitbringt. Man muss sich eben darauf einstellen, in einem Entwicklungsland unterwegs zu sein, also Medikamente mitbringen, Impfungen beachten und eventuell auch Malaria-Prophylaxe oder Notfallmedikamente bedenken. Ansonsten ist Sierra Leone das perfekte Land für eine wunderschöne Reise, die man nie mehr vergisst. Vorbildlich finde ich auch, wie verschiedene Religionen hier friedlich zusammen leben. Feiertage werden religionsübergreifend gefeiert, Christen und Muslime heiraten untereinander, und jeder respektiert die Meinung des anderen.

Wieso nicht einmal nach Sierra Leone fahren? Die Locals freuen sich über jeden Besucher!
Wieso nicht einmal nach Sierra Leone fahren? Die Locals freuen sich über jeden Besucher!