Eva Hermann schlug einst unverhohlen vor, die schöpfungsgewollte Aufteilung der Geschlechter zu respektieren und sich der biologischen Bestimmung unterzuordnen. Darüber hinaus hat Frau Hermann die Emanzipation als “fatalen Irrtum“ bezeichnet.
Die Herren der Schöpfung Sri Lankas dürften wohl Evas Meinung teilen und dass deren Worte und Meinung Gewicht haben, zeigt sich spätestens, wenn man einen Blick in die Line-Ups der Träne Indiens wirft: es gibt zwar einige Locals die surfen aber Frauen? Absolute Fehlanzeige!
Tiffany Carothers und Martina Burtscher gründen den ersten Frauen Surf Club Sri Lankas in Arugam Bay
Die Amerikanerin Carothers wohnt seit mittlerweile acht Jahren in Sri Lanka und startete vor drei Jahren das Projekt “Girls Make Waves“ . Sie begann das Projekt aus dem Antrieb heraus weibliche Surffreunde zu gewinnen, sagt Carothers. Was ursprünglich als eintägiger Event geplant war, fand so großen Zuspruch, dass Tiffany die Veranstaltung fortan wöchentlich organisierte. Die Local Commmunity war allerdings nicht besonders begeistert von den Happenings. Zar waren die Einheimischen an den Anblick weiblicher ausländischer Surferinnen gewohnt, ihre Frauen im Wasser zu sehen fanden sie jedoch alles andere als gut.

Carothers sieht das Problem hauptsächlich im hypersexualisierten Bild der knapp bekleideten, braungebrannten sexy Surferin. Dass Frauen sexy sein dürfen ist ein feministische Grundanliegen und hat mit Chauvinismus so wenig zu tun wie der Papst mit Abtreibung. Nur in Sri Lanka ist das noch nicht angekommen. Es ist auch kein Leichtes dies mit der uns eigenen eurozentrischen Weltsicht nachzuvollziehen, jedoch muss man versuchen in einem von Dominanzkultur geprägten Land die Ängste der Gesellschaft zu verstehen, die Angst haben, dass durch die Öffnung einer Sportart die Geschlechterverhältnisse verschoben werden. Dass Carothers es geschafft hat, den Surfclub durchzusetzen ist nicht zuletzt gesellschaftspolitisch brisant, interessant und aus unserer Sicht ungemein wichtig. Dies könnte einerseits die repressive Sexualmoral der örtlichen Bevölkerung verändern und zeitgleich das Bild der weiblichen Surferin entsexualisieren.
Shamalie Snjaya ist die Präsidentin des im August gegründeten Clubs
Shamalies Vater und Bruder sind beide Pro Surfer und auch Shamalie wollte bereits als Kind nichts anderes tun, als ihrem Bruder und dem Vater nachzueifern. Leider begegneten ihr weder Vater noch Bruder mit Verständnis für ihre Passion, sagten Surfen sei Männersache und viel zu gefährlich für Frauen. Ging sie doch, zog sie den Groll des Vaters und des Bruders auf sich.
In Shamalie schlummerte jedoch bereits damals ein starker Revoluzzergeist und sie brach mit allen Regeln des Hauses und ging immer weiter surfen. Es gab noch ein paar andere Frauen die Shamalies Passion teilten und sie gingen einfach gemeinsam raus und surften. Die Idee, einen Surfclub zu gründen gab es schon lange, zusammen mit der Amerikanerin Carother und der Österreicherin Martina Burtscher wurde es schließlich in die Tat umgesetzt.
Die Leute aus dem Dorf mochten die Idee anfangs überhaupt nicht, sagt Isuri Anupama, die Schatzmeisterin des Clubs. Sie sagten nur Jungs dürfen surfen. Mädchen sollen in die Schule gehen und zu Hause arbeiten. Vor allem die Tatsache dass Ausländerinnen involviert waren, sorgte für Spannungen. Die Gemeinde vermutete versteckte Motive hinter der ganzen Sache.
Es kursierten bald Gerüchte, dass die Ausländerinnen die einheimischen Mädchen nur mit aufs Meer nehmen, um ihnen dort Drogen zu verabreichen, diese Gerüchte drangen auch bis zur örtlichen Polizeibehörde vor. Carothers wurde infolgedessen gar in ihrem Haus verhört. Viele Frauen hörten auf zu surfen, weil sie zu viel Angst hatten, dass die Polizei auch in ihre Häuser kommen würde.
Der harte Kern bleibt und verändert die öffentliche Wahrnehmung
Trotz dieses Rückschlages blieben die meisten Frauen im Surfclub und halfen durch ihre Liebe und Passion zum Sport die öffentliche Wahrnehmung zu ändern.

“Diese Mädels surfen bereits seit Jahren und sie zeigten der Gemeinde, dass sie weder mit Traditionen brechen wollten, noch in Bikinis surfen oder zu den stereotypischen Western–Surfer Girls mutieren wollen“, sagt Martina Burtscher. Die Österreicherin schrieb ihre Masterarbeit über Surfen als Medium zur Emanzipation. Ihre Untersuchungen brachten sie damals nach Sri Lanka wohin sie jetzt zurückgekehrt ist, um den Mädels bei der Gründung des Clubs zu helfen.
Die Olympischen Spiele schaffen eine positive Drucksituation
Länder die olympische Mannschaften ohne Frauen entsenden können dafür bestraft werden. Auch deshalb rückt Frauen Surfen gerade verstärkt in das öffentliche Interesse und die Surf Federation of Sri Lanka schaltet nun vermehrt Kampagnen, die Frauen zum Surfen bewegen sollen.

Da für die Frauen aufgrund kultureller Gepflogenheiten männliche Surfcoaches nicht in Frage kommen, ist der Bedarf an weiblichen Surflehrerinnen gestiegen. Dies ist vor allem für die Frauen des Arugam Bay Girls Surf Club eine sehr gute Möglichkeit, sich beruflich zu emanzipieren.
Frauen das Surfen zu verbieten ist am Schluss nichts anderes als sexualisierte Gewalt, die Männern dazu dient, Frauen zu unterwerfen und zu demütigen. Die Tragweite dieses Projekts ist noch nicht absehbar aber wir vermuten und hoffen, dass hier ein gewaltiger Stein ins Rollen kommt.