1500 Schiffe liegen auf dem Trockenen, während in Halle 8a des Messegeländes Düsseldorf die perfekte Welle läuft und läuft: Auf der weltgrößten Boots- und Wassersportmesse „Boot“ wird auch in diesem Jahr wieder auf einer stehenden Welle gesurft.
Zum dritten Mal ist die Welle von „City Wave“ auf der Messe, aufgebaut in der „Beachworld“-Halle auf einem drei Meter hohen Podest, auf dem sich zeitweise die Massen dicht am Beckenrand drängen, denn irgendwie sind alle neugierig auf die Welle. Am Eröffnungswochenende der Messe kommen 30.000 Besucher auf das Wellen-Podest, das ist die Hälfte aller Boot-Besucher von Samstag und Sonntag. Ein Publikumsmagnet, dieser künstliche erzeugte 1,6-Meter-Hügel aus 720 Millionen Litern Wasser, die zehn Stunden am Tag im Kreislauf durch die Anlage fließen.
Competition Time bei den Wave Masters in Düsseldorf
Direkt am Eröffnungswochenende findet der Wave-Masters-Contest statt, acht Frauen und 16 Männer treten an. Stars der deutschen Surf-Szene wie Janina Zeitler und Valeska Schneider sind dabei, bei den Männern sind unter anderem Alon Evron aus Israel und Malo Jezequel aus Frankreich zum Contest angereist. Celine Dornick ist mit 12 Jahren die jüngste Teilnehmerin und liefert ab: ein 720er beeindruckt Judges und Publikum.
Janina Zeitler ist und bleibt der Gradmesser bei den Frauen
Janina Zeitler, die mit ihren krachenden Snaps und ziemlich viel Spray die Zuschauer aus der ersten Reihe vertreibt, ist von Anfang an klare Favoritin. Die 18-jährige lernte Wellenreiten auf einer Flusswelle. Von einer Beginner-Welle ging es zunächst zu einem kleineren Ableger des Eisbaches – und erst nach anderthalb Jahren Surfen auf dem Fluss zum ersten Mal ins Meer, in Frankreich.

Heute ist Janina Europameisterin im Stationary Wave Surfing und gleichzeitig deutsche Junioren-Meisterin des klassischen Meer-Surfens, fühlt sich auf beiden Wellen zuhause – und weiß, wie sie sich umstellen muss, um bei den Judges hohe Punktzahlen einzufahren: „Im Meer surfe ich eher auf Turns, versuche Snaps zu machen, hier ist auch der Style wichtig, aber auch eben die Tricks werden bewertet. Du kriegst hier auf jeden Fall deine Wellen, im Meer ist es viel mit Wellenlesen, mit Taktik. Hier kannst du dich voll auf deine Turns, auf deine Tricks konzentrieren, weil die Welle die gleiche ist. Das macht es leichter, aber auch anspruchsvoller, weil man natürlich auch wieder mehr Tricks macht.“
Das Level des Rapid – Surfens wird immer höher
Auch die Surfer Lenny Weinhold und Joshi Holy liefern diese Tricks ab und zeigen in ihren 30-sekündigen Slots während der Heats Pop-Shuvits und 360’s in einer Geschwindigkeit, die keine Welle des Meeres zulassen würde. Unter den Teilnehmern ist auch Lukas Waning aus Bochum. Der ist im Ruhrgebiet wie fast alle Deutschen so richtig landlocked, trotzdem surft er aktiv seit dem 14. Lebensjahr. Er surfte auf einer der ersten City Waves in Deutschland – damals in Bottrop. Aber richtiges Surfen, das wird für den 30-jährigen immer der Brettsport im Meer sein, zu sehr schätzt er die Naturverbundenheit und das Herumreisen. Trotzdem kann Lukas sich bei den Wave Masters in Düsseldorf auch auf der stehenden Welle behaupten und schafft es durch die Vorrunde.

Er glaubt: „Das hat auf jeden Fall Zukunft im Breitensport. Alleine der Fakt, dass ich in Bochum wohne, 30 Minuten im Auto sitze um hier zum Wettkampf zu kommen, dass es schon in diese Breitengrade gekommen ist… Mittlerweile kann ich im Sommer nach der Arbeit noch eine Stunde surfen gehen. Ich habe die Entwicklung der Wellen verfolgt, hier in diesem Landlocked-Bereich, da kommen viele junge Leute, es gibt eine richtige Szene hier. Das sagt mir, dass es Entwicklung und Zukunft hat, auf jeden Fall.“
Die City Wave als Zuschauermagnet
Am Rand des Beckens steht Zuschauer Rolf mit seiner Ehefrau und seiner Tochter Lilly im Publikum. „Wir sind keine Surfer!“, wehrt er ab, als ich ihn um ein Interview bitte. Aber Zuschauer wie er sind doch gerade interessant: eigentlich nix mit Surfen am Hut, aber mal gucken wollen sie alle. Die Neugierde habe sie hergetrieben, eigentlich sei die Familie wegen des Segelns auf der Messe.

Tochter Lilly ist begeistert von der Welle, Rolf sagt, er findet es spannend und lustig, den Surfern zuzuschauen. Und es sei eben live! Dass er Surf-Fan wird, wenn stehende Wellen sich noch weiterverbreiten, glauben er und seine Frau nicht: „Zu sehr ein Nischen-Sport.“ Das sehen auch Elke und Sven aus Nordenham so; sie sind passionierte Segler und Wakeboarder, auch Surfen haben sie schon mal ausprobiert. Sie sind der Meinung: Surfen wird nicht zum Breitensport. Mit dem Skaten sei es doch dasselbe: es gebe überall Skate-Parks und -hallen, aber riesige Publikumsmagneten seien das nicht.
Wer hats erfunden? Nicht die Schweizer
Erfinder der Welle und Chef von City Wave, der Diplom-Ingenieur Rainer Klimaschewski, will sich nicht festlegen: „Wo der Sport hingehen wird, wie groß der mal werden wird, wissen wir nicht. Wir hoffen nur, dass wir so vielen Menschen wie möglich die Gelegenheit geben, das ausüben zu können. Einen Fluss haben wir in München, aber man kann nicht aus jedem Fluss eine Welle machen, das geht auch nicht täglich. Daher haben wir diese technische Anlage entwickelt.“ Derzeit surfen täglich etwa 1000 Menschen auf den Anlagen von City Wave, bis Ende 2019 sollen es 2000 werden. Grade baut man in der Nähe von Seattle eine doppelt so breite Welle wie die in Düsseldorf – 16 Meter, und höher als diese soll sie auch sein. Eröffnung ist im Mai 2019 – dann steht in den USA eine stationary wave made in Germany. Für 2019 stehen außerdem noch Bauprojekte in Berlin, Südfrankreich, Madrid und an zwei noch geheimen Orten an.
Jeder darf die Welle surfen
Zwischen den Heats des Contests dürfen die Besucher der Messe surfen, dafür mussten sie sich vorher online anmelden oder mit etwas Glück spontan auf der Messe einen Slot gewinnen. Mit Helm, Wetsuit und Softboard, und unter Aufsicht von zwei Surfcoaches stürzen sich auch blutige Anfänger in die Welle.

Einer nach dem anderen, allerdings in Gruppen von zwölf Leuten und mit einem Zeitlimit von 40 Minuten. Die Zuschauerinnen Alisha, Lena und Anna filmen und fotografieren eine der Surferinnen, die sich in der stehenden Welle richtig gut macht, sie surft die komplette Breite hin und her und steht sicher auf dem Brett. Es ist ihre Freundin Julia, erzählen sie, die sich vor einigen Monaten beim Surfen auf der stehenden Welle in Langenfeld bei Köln das Bein gebrochen hat und nun zum ersten Mal nach vier Monaten wieder auf dem Board steht.
Nach ihren 40 Minuten auf der Welle ist Julia happy: „Ich habe meine Angst wieder verloren, zu stürzen, deshalb bin ich echt froh, dass es gerade geklappt hat.“ Ihr erstes Mal Surfen fand im Meer statt, erst letztes Jahr begann sie auch mit dem Surfen auf der stehenden Welle. Der Hauptunterschied für sie: man könne an seinem Boardgefühl und seiner Technik feilen, doch ihr fehle die Naturverbundenheit, das Paddeln und das Gefühl, im Einklang zu sein. Den zunehmenden Hype um das Surfen bemerkt auch Julia, doch sie fragt sich: „Nimmt auch wirklich das Surfen im Meer zu oder werden die Leute bequemer und sagen, die stehende Welle reicht mir?“
Ihre Freundin Lena meint: „Ich finde, wenn man hier in Deutschland ist, und die Möglichkeit hat, zuzusehen, ist das schon ein Highlight. Wenn man im Urlaub den Surfern auf einer richtigen Welle zusehen kann, ist das aber natürlich nochmal ein bisschen cooler. Dass es hier sowas in Deutschland gibt, finde ich einfach richtig gut. Es ist spannend zum Übergang, eine gute Alternative.“
Surferin Janina Zeitler versteht die Faszination der Zuschauer: „Ich glaube, dass das Interesse geweckt wird, weil man unheimlich nah an dem Sport ist. Man ist ja ungefähr fünf Meter von den Surfern entfernt und ich glaube, das packt einen nochmal mehr. Und deswegen sind wahrscheinlich auch so viele Zuschauer da, denn man fühlt da so richtig mit.“
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